

Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser
Als Christ zu leben ist nicht deshalb das Richtige, weil der Glaube tröstet oder weil es «hilft». Sondern weil das der Wahrheit entspricht und objektiv das Richtige ist. Mehrere Artikel greifen das auf, lenken damit weg von einer Theologie, die von der Ich-Bezogenheit unserer Zeit infiziert ist, die sich aus der Bibel herauspickt, was ihr in den Kram passt und im Zeitgeist-Sog der Lemminge schwimmt. Sie zeigt sich auch in gefühliger Religiosität, die Gott ständig mit den Bitten um dieses und jenes bestürmt und letztlich dasselbe in die Mitte stellt wie jedes Lifestyle-Magazin: das Ich, das eigene Wohlergehen. Das ist die religiöse Variante der Lust-Kultur unserer Tage: «Werde Christ und es geht dir gut.» Mario Beck fragt (S. 40): «Wie sollten Gebete erhört werden, wenn es sich bei aller Frömmigkeit nur darum dreht, was wir dadurch gewinnen?» Dürfen wir Gott um dieses und jenes bitten? Sicher dürfen wir das! Aber Jesus ist nicht am Kreuz gestorben, um uns all das an Wünschen zu erfüllen, was uns an einem lauen Sommerabend noch zum Glück fehlt, was sich auch jeder andere wünscht.
Jesus ist, als Gottes Sohn, für uns gestorben, damit wir zurück zu ihm finden. «Nachfolge» heisst doch: von den eigenen Wegen (und das sind die unseres Wünschens und Wollens) umzukehren und diese Wünsche und dieses Wollen hinter uns zu lassen und Jesus auf seinem Weg nachfolgen. Wohin führte sein Weg? An das Kreuz. «Das Kreuz ist der Anfang unseres Auftrages, vor dem wir uns nicht drücken dürfen», schreibt Mario Beck. Gott ist auf gute Art gegen uns. Wir dürfen nicht müde werden, uns den Zumutungen Gottes auszusetzen, dürfen uns nicht damit zufriedengeben, wie wir sind. Wie Jesus sollen auch wir unser Kreuz auf uns nehmen, jeder an seiner Stelle: bei der Arbeit, in der Ehe, in der Hilfe für andere, in der Art, wie wir mit Menschen umgehen, in der Ernsthaftigkeit, mit der wir uns um Nachfolge bemühen – trotz des Preises. Jesus hat, wie niemand vor ihm und niemand nach ihm, an dem Leid der Welt gelitten. Als Menschen, die sich nach ihm benennen – Christen –, haben auch wir Anteil am Leid der Welt. Nachfolge bedeutet Leiden an und in der Welt.
«Wir dürfen nicht müde werden, uns den Zumutungen Gottes auszusetzen. Gott ist auf gute Art gegen uns.»
Die Kirche, die mit dem Zeitgeist ins Bett steigt, kann das nicht verstehen. Die Gemeinde, die Jesus für den Wellness-Guru ihres Lebens hält, will das nicht verstehen. Für die Nachfolge Jesu gibt es keine Lorbeeren, sondern Spott und Ablehnung, Verfolgung. Asia Bibi, in Pakistan zum Tode verurteilt, erleidet das in diesem Augenblick (Beitrag S. 44). Ihr Schicksal stellen wir stellvertretend vor für die Ungezählten, die leiden. Werden auch wir bald gehasst werden «um seines Namens willen»?
Wir sollten nicht danach trachten, diesem Leid durch Verleugnung Jesu zu entgehen. Es ist die leidende Kirche, wie Uwe Siemon-Netto in der Titelgeschichte (S. 10) zeigt, die wächst. Das Plätzchen am Talk-Show-Table darf nicht darüber hinwegtäuschen: Die Tage öffentlicher Anerkennung für das Christliche sind auch bei uns gezählt. Siemon-Netto legt uns ans Herz, uns auf das Kommende vorzubereiten, zuversichtlich, nicht angstvoll. Das heisst: Das Wort weitergeben, wie es geschrieben steht, die Schätze des Glaubens pflegen und bereit sein, sie mit jedem zu teilen, der dies begehrt.
Wer auf Gottes Seite ist, wird mit ihm leiden … dürfen. Es gibt keine Abkürzung durch dieses Schwierige, diese Schwäche, dieses Leiden: nicht für das Volk Israel, nicht für die Kirchen, nicht für die Nachfolger Jesu. Aber: Jesus ist bei uns. Wir werden dankbar sein können noch im Leid. Diese «Dennoch-Freude» mag unverständlich für Aussenstehende sein – so wie auch wir (noch) rätseln ob des Mutes vieler Christen unter islamischer Verfolgung. Die Verheissung ist, dass wir Freude haben werden auf diesem Weg und dass wir diesen Weg schaffen. Weil er «der Wahrheit entspricht und objektiv das Richtige ist». Auf dem Weg mit Gott geht es uns gut, auch wenn es uns schlecht geht. Die Freude am Herrn ist unsere Stärke.
Ihr Thomas Lachenmaier, Redaktionsleiter