
Ist ziviler Ungehorsam biblisch?
Antwort auf den Leserbrief von Mary-Anne Bufton, 1/16
Frau Bufton hat sicherlich recht, wenn sie sagt, dass Erziehung und Schulwahl ein Elternrecht ist. Allerdings befreit uns dieses Elternrecht nicht von der Pflicht, unsere Kinder dort auf eine Regelschule zu schicken, wo der Gesetzgeber den Besuch einer Schule verpflichtend vorschreibt.
Homeschooling mag eine sehr gute Alternative sein, ist aber in Deutschland vom Gesetzgeber leider nicht vorgesehen. Eine sicherlich gute Alternative können christliche Bekenntnisschulen sein, die mittlerweile an vielen Orten entstanden sind und eine gute Arbeit an den Schülern leisten.
Ich halte es für gewagt, wenn quasi unterstellt wird, dass christliche Eltern, die ihre Kinder in eine staatliche Regelschule schicken, damit ihrer, von Gott gegebenen Erziehungsaufgabe nicht gerecht werden und diese darum nicht mehr richtig wahrnehmen. Solche Eltern haben durchaus ihre Kinder im Blick und sicherlich auch die Kompetenz, falschen Lerninhalten anhand der Bibel liebevoll zu begegnen.
Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass sich «bürgerlicher Ungehorsam» niemals biblisch legitimieren lässt! Nicht nur Röm. 13,1+2, sondern auch Tit. 3,1 und 1. Petr. 2,13 fordern uns Christen unmissverständlich auf, uns der Obrigkeit unterzuordnen! In Eph. 6,4 heisst es ausserdem, dass die Väter ihre Kinder «mit Disziplin erziehen und ihnen den Weg zeigen sollen, so wie es Christus entspricht» (NLB-Übersetzung).
Wenn Kinder von ihren christlichen Eltern aber «zivilen Ungehorsam» vorgelebt bekommen, wie sollen sie dann den Gehorsam lernen, den Christus von uns erwartet? Wenn jeder von uns seine eigene Rechtsauslegung auslebt, was kann dann überhaupt noch verbindlicher Massstab für Recht und Unrecht sein? In einer Zeit, in der die öffentliche Ordnung immer mehr aufgeweicht wird, halte ich es von Christen für unverantwortlich, zum «zivilen Ungehorsam» aufzufordern.
Jesus hat die staatliche Macht nicht infrage gestellt, zumindest kann ich das in meiner Bibel nicht finden. Dazu nur drei kleine Beispiele: 1. Er hat dafür gesorgt, dass Petrus die Tempelsteuer für sich und Jesus bezahlen konnte (= «... damit wir ihnen kein Ärgernis geben»). 2. Als die Menschen ihn zum König machen wollten, weil er mehrere Tausend Menschen satt gemacht hatte, ging er fort, suchte aber nicht die Revolution, und 3. Später hat er sich bei seiner Verhaftung durch die römische Besatzungsmacht nicht gewehrt, obwohl er dazu alle Macht der Welt gehabt hätte.
Paulus hat sich zweimal auf sein römisches Bürgerrecht berufen, und zwar, weil er zu Unrecht, d. h. ohne gültiges Urteil, ins Gefängnis geworfen und ausgepeitscht worden war (in Philippi, Apg. 16), bzw. als er in Gefahr stand, ohne Urteil ausgepeitscht zu werden (in Ephesus, Apg. 22). Auch wir können unsere Bürgerrechte durchaus ganz legal wahrnehmen! Ein sehr wichtiges Bürgerrecht finden wir wohl in 1. Tim. 2,1!
Dazu gibt es weitere, ganz irdische Möglichkeiten: Wir können z. B. bei der Bundesregierung und bei den Landesregierungen Petitionen einreichen; wir können Bürgerbegehren organisieren, Leserbriefe schreiben, aktiv in den Elternvertretungen der Schulen mitarbeiten oder an Demonstrationen teilnehmen (z. B. Marsch für das Leben oder die Demonstrationen gegen die Bildungsreform in Bezug auf sexuelle Vielfalt usw.). Es gibt sogar christliche Parteien, für die wir uns als Kandidaten aufstellen lassen könnten! Wir brauchen also mit unserer Überzeugung nicht hinter dem Berg zu halten und sind dazu (noch) durch unsere Verfassung auf Bundes- und Landesebene geschützt!
Auf die Worte «Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist» folgt übrigens noch «und gebt Gott, was Gottes ist» – «ziviler Ungehorsam» gehört sicherlich nicht dazu.
Lars Krüger, DE-Telgte
Humanismus ist eine riesige Täuschung
zu: «Die verzagte Kirche»; «Allen geht es gut!», 1/16
Die beiden sehr aufschlussreichen Artikel beschreiben eine Situation, die, aus meiner Sicht, den gleichen Ursprung haben: den Humanismus. Vor rund 300 Jahren hat der Humanismus in der reformierten Kirche Eingang gefunden. Diese Lehre, oder Weltanschauung, widerspricht der Bibel. Das humanistische Menschenbild ist in seiner Entstehung gottlos. Der Humanismus vertritt im Prinzip die Lüge Satans in 1. Mose 3,5: «... ihr werdet sein wie Gott und wissen, was Gut und Böse ist.» In der Praxis heisst das: Der Mensch braucht weder Erlösung noch einen Gott, der ihm sagt, was er tun muss, noch einen Jesus, der am Kreuz für uns starb. Auf dieser humanistischen Weltanschauung konnte schliesslich die Welt und die Kirche einen gemeinsamen Nenner finden. Der Mensch ist von Grund auf gut und in seiner natürlichen Existenz mit all seinen Fehlern und Schwächen okay. Das Fatale an der Sache ist dies: Der Humanismus konnte sich dermassen in der Kirche etablieren, dass er schliesslich zur «offiziellen» Wahrheit geworden ist.
Auf der Seite des Staates hat dies zum Sozialstaat geführt, der sich fast nach Belieben missbrauchen lässt. Auf Seiten der institutionellen Kirche etablierte sich eine Art Pervertierung der Nächstenliebe, eine blinde Toleranz gegenüber Unrecht, Sünde und Lüge, ein Verlust der Identität und ein Verlust der Kraft Gottes. Bei der Kirche kommt noch hinzu, dass endlose und letztlich auch fruchtlose Debatten geführt werden im vergeblichen Versuch, die Wahrheit in Jesus Christus mit der Lüge Satans konform zu machen. Ein wesentlicher Schritt dazu, dass die Kirche wieder ein Werkzeug Gottes werden kann, ist die Erkenntnis, dass der Humanismus eine riesige Täuschung ist und im innersten Grund auch ein falscher Jesus.
René Wenger, CH-Buchs AG
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